Die Patientenverfügung ist eines der wichtigsten medizinischen Vorsorgedokumente. Hierin legen Sie fest, welchen medizinischen Behandlungen Sie im Ernstfall zustimmen aber vor allem auch welche Sie ablehnen würden. Sie kommt dann zum Einsatz, wenn Sie sich selbst nicht mehr mitteilen können. Eine wirksame und gültige Patientenverfügung zu erstellen ist für medizinische Laien alles andere als einfach. Viele suchen sich deshalb bei der Erstellung Hilfe. Im Internet finden sich zahlreiche - teils kostenlose, teils kostenintensive - Vordrucke für Patientenverfügungen zum einfachen Ausdrucken & Ankreuzen. Doch nicht immer ist der schnellste Weg zur Patientenverfügung auch der Richtige.
Grundsätzlich ist eine Patientenverfügung sinnvoll für all jene, die bis zum Schluss über Ihr Leben selbstbestimmt entscheiden und diese Entscheidung nicht Angehörigen, Ärzten oder Betreuern überlassen möchten. Heutzutage werden Ärzte aufgrund Ihrer medizinischen Möglichkeiten alles Erdenkliche dafür tun, um Sie am Leben zu erhalten. Auch dann, wenn dies bedeutet, dass Sie mit Beatmungsschlauch und künstlich ernährt für den Rest Ihres Lebens ans Bett gefesselt sind.
Für die meisten von uns ist das Erstellen einer Patientenverfügung etwas fürs Alter. Doch auch junge, gesunde Menschen können z. B. durch einen Unfall oder Schlaganfall plötzlich intensivmedizinische Betreuung benötigen. Und gerade bei jungen Menschen wiegt die Entscheidung oft schwer, mit welchen körperlichen und geistigen Einschränkungen sie den oft noch sehr langen Rest Ihres Lebens leben wollen würden.
Bei der Frage “Patientenverfügung erstellen - Ja oder Nein” gilt: Besser zu früh als zu spät!
Wer eine Patientenverfügung erstellen will, muss volljährig (also mindestens 18 Jahre alt) und einwilligungsfähig sein.
Einwilligungsfähigkeit bedeutet in dem Fall:
Jeder kann in eine Situation kommen, in der er seine Einwilligungsfähigkeit verliert. Zum Beispiel, wenn man durch einen Unfall oder eine Krankheit nicht mehr bei Bewusstsein ist. Man kann aber auch durch eine Krankheit wie Demenz einwilligungsunfähig werden. Deswegen ist es für jeden Erwachsenen empfehlenswert, mit einer Patientenverfügung vorzusorgen.
Die Entscheidung für eine Patientenverfügung begründet sich bei vielen Menschen in der tiefen Überzeugung, in jedem Alter einen gesundheitlichen Standard haben zu wollen und diesen nicht zu unterschreiten. So können Sie für sich beispielsweise festlegen, dass für Sie die Fähigkeit selbstständig zu atmen oder zu essen unerlässlich ist.
Wenn es auch für Sie Situationen gibt, in denen Sie nicht unter allen Umständen weiterleben möchten, können Sie diese Entscheidung als Ihre Patientenwille in einer wirksamen Patientenverfügung festhalten.
Medizinisch präzise Patientenverfügung erstellen und ausdrucken.
Auch mit bestehender Erkrankung und/oder wenn Sie bereits im Krankenhaus sind, können Sie Ihre Patientenverfügung erstellen. Wichtig ist, dass Sie zum Zeitpunkt der Erstellung Ihrer Patientenverfügung geschäftsfähig, also nicht in der freien Bildung Ihres Patientenwillens eingeschränkt, sind (§ 104 BGB). Eine Patientenverfügung kann bei bestehender Krankheit nach Rücksprache mit dem Arzt konkrete, krankheitsbezogene Wünsche, Vorstellungen und Behandlungsmöglichkeiten enthalten.
Damit eine Patientenverfügung medizinische Wirksamkeit erlangt, ist es essentiell, dass sie Ihre konkrete Behandlungsentscheidung für ganz bestimmte Behandlungssituationen beinhaltet. Sie müssen festlegen, unter welchen Voraussetzungen und mit welche Folgen Sie bestimmten medizinischen Maßnahmen zustimmen würden oder nicht.
Beschreiben Sie bestimmte Behandlungssituationen so konkret wie möglich.
Eine Patientenverfügung ist nur dann ausreichend bestimmt, wenn sich feststellen lässt, in welcher Behandlungssituation welche ärztliche Maßnahmen durchgeführt werden bzw. unterbleiben sollen.
BGH, 08.02.2017 – XII ZB 604/15, 17aa
Beschreiben Sie außerdem konkrete medizinische Maßnahmen
Angaben zur Schmerz- und Symptombehandlung, künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr, Wiederbelebung, künstliche Beatmung, Antibiotikagabe oder Dialyse.
BGH, 08.02.2017 – XII ZB 604/15, 18
Vereinfacht ausgedrückt könnte man sagen: Eine Patientenverfügung soll als Handlungsanweisung für den Arzt nach dem Schema „Was soll ich wann tun?” funktionieren.
Die meisten medizinische Laien haben verständlicherweise Schwierigkeiten damit, konkrete Situationen und medizinische Maßnahmen zu beschreiben, die sie nie erlebt haben und nicht einschätzen können. Wenn Sie eine konkrete und wirksame Patientenverfügung verfassen wollen, sollten Sie sich auf den Rat eines Arztes verlassen, der idealerweise in der Intensiv- und Notfallmedizin erfahren ist.
Die formalen Anforderungen an eine Patientenverfügung sind überschaubar. Einige wichtige formale Aspekte sollten Sie beim Erstellen Ihrer Patientenverfügung dennoch berücksichtigen:
Zunächst sind Ihre Behandlungswünsche der allerwichtigste Bestandteil Ihrer Patientenverfügung. Machen Sie detaillierte und eindeutige Angaben darüber, welche medizinischen Behandlungen Sie in welcher Situation wünschen oder nicht. Für medizinisches Personal muss daraus erkennbar sein, dass Sie sich mit den weitreichenden Folgen Ihrer Behandlungswünsche auseinandergesetzt haben.
Neben Ihren Behandlungswünschen finden Sie im Folgenden weitere wichtige Inhalte Ihrer Patientenverfügung auf die Sie nicht vergessen sollten:
Medizinisch präzise Patientenverfügung erstellen und ausdrucken.
Ganz eindeutig: Nein! Eine Patientenverfügung muss immer schriftlich - egal ob handschriftlich oder am PC verfasst - festgehalten und eigenhändig unterschrieben werden.
Eine Patientenverfügung kann nur von derjenigen Person formuliert werden, in dessen Namen sie wirken soll. Es ist allerdings durchaus möglich einer anderen Person bei der Erstellung der Patientenverfügung technische Hilfestellung zu leisten, indem Sie zum Beispiel aufschreiben, was diese Person sagt. Wichtig ist jedoch, dass die Patientenverfügung eigenhändig unterschrieben werden muss. Nicht möglich ist es dagegen, selbst im Namen einer anderen Person Festlegungen für diese Person zu treffen, weil sich die Person z. B. selbst nicht mehr entsprechend mitteilen kann.
Eine Patientenverfügung soll sicherstellen, dass der eigene Wille bei allen medizinischen Entscheidungen berücksichtigt wird, wenn man sich nicht mehr selbst dazu äußern kann. Dazu müssen Sie herausfinden, welche körperlichen und geistigen Einschränkungen Sie selbst noch als lebenswert einstufen würden. Es geht dabei um nicht weniger als die Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensende. Wenn Sie eine medizinisch konkrete Patientenverfügung erstellen wollen, müssen Sie eine Vielzahl von Fragen beantworten, über die Sie sich normalerweise keine Gedanken machen würden. Solche Fragen sind zum Beispiel:
Diese Fragestellungen müssen Sie ganz konkret beantworten, da sie im Ernstfall den Verlauf Ihres weiteren Lebens entscheidend mitbestimmen.
Lässt Ihre Patientenverfügung dennoch Spielraum für die ärztliche Entscheidung über Ihre Weiterbehandlung, kann ein Einblick in Ihre persönlichen Wertvorstellungen eine zusätzliche Hilfestellung sein. Ihrer persönliche Wertvorstellung entwickelt sich aus Ihren bisherigen Erfahrungen und Ihrer Einstellung zu einem lebenswerten Leben.
Wertvorstellungen, die Sie in Ihrer Patientenverfügung mitteilen können sind z. B.:
Die Erstellung Ihrer Patientenverfügung können Sie sich durch eine gute Vorbereitung wesentlich erleichtern. So macht es Sinn einige Informationen und Dokumente im Vorfeld zusammenzutragen:
Die Erstellung der eigenen Patientenverfügung ist für Viele ein Thema, das gern einmal länger aufgeschoben wird. Zum Einen, weil es schwierig ist, sich mit dem eigenen Tod zu beschäftigen und sich in die Lage zu versetzen “Was wäre wenn”. Zum Anderen weil es einige Stolperfallen gibt, die vermieden werden sollten, um die eigene Patientenverfügung zu einem wirksamen Vorsorgedokument zu machen.
Stolperfalle #1: Sie verwenden eine kostenlose Vorlage für Ihre Patientenverfügung.
Kostenlose Vordrucke für Patientenverfügungen richten sich in Einheitsform an eine große Masse. Da Behandlungswünsche aber so verschieden sind wie die Menschen, die sie betreffen, kann eine einzige Vorlage nicht für alle Menschen gleichzeitig passen. Diese Vorlagen sammeln allgemeine Phrasen und Textbausteine, die zu ungenau sind, um von Ärzten in echten Situationen umgesetzt werden zu können.
Stolperfall #2: Ihre Patientenverfügung enthält ungenaue und allgemeine Formulierungen.
Wussten Sie, dass 9 von 10 Patientenverfügungen unwirksam sind, weil sie zu ungenaue und allgemeine Angaben enthalten? Der Grund: Es fehlt die Benennung der konkreten Behandlungsmethoden (z.B. Luftröhrenschnitt) in konkreten Behandlungssituationen (z.B. akute Erstickungsgefahr). Erst damit erlangt ihre Patientenverfügung Gültigkeit.
Vermeiden Sie zum Beispiel diese typischen Formulierungsfehler:
Stolperfall #3: Ihre Patientenverfügung ist im Notfall nicht sofort griffbereit
Sie haben Ihre Patientenverfügung vor Jahren erstellt und sie dann in die Schublade gelegt? Ein weit verbreiteter Fehler. Denn damit eine Patientenverfügung sofort vom Arzt umgesetzt werden kann, sollte sie im Bedarfsfall beim Patienten sein – nicht erst nach Stunden.
Stolperfall #4: Ihre Patientenverfügung ist nicht aktuell
Einmal erstellt und nie wieder angesehen - so geht es vielen Menschen mit Ihrer Patientenverfügung. Wir raten dazu eine Patientenverfügung alle ein bis zwei Jahre zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Warum? Ihre Lebensumstände können sich schnell einmal ändern. Durch eine Krankheit, den Verlust eines Angehörigen oder auch die Geburt von Enkelkindern kann sich Ihre Einstellung zum Leben ändern. Eventuell haben sich auch rechtliche Änderungen ergeben, die in Ihrer Patientenverfügung berücksichtigt werden sollten. Oder ganz formale Angaben wie Name oder Wohnort müssen angepasst werden. Eine veraltete Patientenverfügung kann auch beim behandelnden Arzt berechtigte Zweifel daran aufwerfen, ob Ihre Wünsche vor 10 Jahren noch den Heutigen entsprechen. Stellen Sie sich also regelmäßig die Frage: Passt meine Patientenverfügung noch zu meiner derzeitigen Lebenssituation?
Stolperfalle #5: Ihre Patientenverfügung enthält widersprüchliche Aussagen.
Sie haben einen Organspendeausweis? Dann sollten Sie darauf achten, dass Sie in der Patientenverfügung nicht generell intensivmedizinische Maßnahmen ablehnen, denn dies kann die Organspende verhindern. Auch Widersprüche zu Behandlungsmaßnahmen innerhalb Ihrer Patientenverfügung können dazu führen, dass diese unwirksam und damit für den Arzt unbrauchbar wird.
Stolperfall #6: Sie verstehen den Inhalt Ihrer Patientenverfügung selbst gar nicht
Die meisten Menschen erstellen Ihre Patientenverfügung ohne medizinische Fachkenntnis. Um eine gute von einer schlechten Patientenverfügung zu unterscheiden, braucht es ein wenig Zeit sich mit Ihrem Inhalt auseinanderzusetzen. Versetzen Sie sich beim Erstellen Ihrer Patientenverfügung in die Lage "Was wäre wenn Sie sich im Endstadium einer schweren Krankheit befinden" und beschäftigen Sie sich sowohl mit Ihren persönlichen Wünschen als auch mit den medizinischen Behandlungsmethoden. Sie müssen verstehen welche medizinischen Möglichkeiten es gibt, um zu entscheiden, ob Sie sie in Anspruch nehmen möchten oder nicht.
Medizinisch präzise Patientenverfügung erstellen und ausdrucken.
Grundsätzlich sollten Sie nur gesetzlich erlaubte Wünsche in Ihre Patientenverfügung aufnehmen. Zu den in Deutschland gesetzlich nicht erlaubten Wünschen zählt z. B. die Aktive Sterbehilfe.
Eine Patientenverfügung kann jederzeit und formlos widerrufen werden (§ 1827). Dies kann sowohl schriftlich als auch mündlich - auch noch in akuten Behandlungssituationen durch z. B. Kopfschütteln oder -nicken - erfolgen. Wichtig ist, dass Sie zum Zeitpunkt des Widerrufs einwilligungsfähig sind. Auch durch das Vernichten Ihrer Patientenverfügung können Sie diese einfach widerrufen. Denken Sie aber daran, alle Exemplare, auch die, die Sie beim Hausarzt oder Angehörigen hinterlegen, zu vernichten - bzw. bei Aktualisierung zu ersetzen.
Hilfe bieten medizinische Fachleute, wie beispielsweise Hausarzt oder noch besser Notfall- oder Intensivmediziner. Eine digitale Lösung bieten Online-Anbieter wie DIPAT. Hier können Nicht-Mediziner mit Hilfe eines von Ärzten entwickelten Online-Interviews selbstständig eine präzise Patientenverfügung erstellen. Alle Angaben werden automatisch in ärztliche Formulierungen “übersetzt” und daraus eine unterschriftsreife Patientenverfügung generiert. Eine Beglaubigung Ihrer Patientenverfügung ist nicht notwendig!
Eine Vorlage für die Patientenverfügung sollte höchstens Textbausteine als ersten Anhaltspunkt für die Erstellung Ihrer wirksamen Patientenverfügung liefern. Eine Patientenverfügung ist ein im höchsten Maße individuelles Dokument, das Ihre persönlichen Wünsche und Entscheidungen widerspiegeln soll. Das kann eine Vorlage für die Patientenverfügung nicht leisten!
Wenn Sie eine Patientenverfügung besitzen, sollten Sie darin unbedingt auch eine Schweigepflichtsentbindung integrieren. Schließlich gibt es Situationen, in denen Sie sich nicht mehr klar äußern können. Ohne Schweigepflichtsentbindung kann Ihr Arzt sonst Ihre Angehörigen oder eine Vertrauensperson nicht über Ihren Gesundheitszustand informieren. Alternativ können Sie auch eine gesonderte Schweigepflichtsentbindung erstellen.