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Was ist eigentlich Palliativmedizin?

Ob man sich mit der Erstellung einer Patientenverfügung, dem Advanced Care Planning oder der aktuellen Debatte um Sterbehilfe in Deutschland auseinandersetzt: Wer sich mit dem Lebensende beschäftigt, stößt unweigerlich auf den Begriff Palliativmedizin. Aber was genau hat es damit auf sich?

Im Gegensatz zur klassischen Medizin – deren Ziel es ist, den Patienten zu heilen – macht es sich die Palliativmedizin zur Aufgabe, todkranke Menschen auf Ihrem letzten Weg zu begleiten und ihnen durch umfassenden Beistand zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin definiert den Begriff wie folgt:

Die Palliativmedizin konzentriert sich auf die bestmögliche medizinische, pflegerische, psychosoziale und spirituelle Behandlung und Begleitung schwerkranker und sterbender Menschen sowie ihrer Angehörigen. (…) Gemeinsames Ziel ist es, bei schwerer Erkrankung für weitgehende Linderung der Symptome und Verbesserung der Lebensqualität zu sorgen – in welchem Umfeld auch immer Betroffene dies wünschen.1

Warum brauchen Patienten Palliativmedizin?

In der Palliativmedizin wird der Patient nicht von einem einzelnen Arzt betreut. Vielmehr ist es ein multidisziplinäres Team bestehend aus Ärzten, Physiotherapeuten und Pflegekräften, Sozialarbeitern und Seelsorgern, das sich ganzheitlich um den Patienten und ggf. auch dessen Angehörige kümmert: Oft leiden Patienten am Lebensende unter Schmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit oder Atemnot. Diese Symptome können von dem medizinischen Personal durch Medikamente oder Therapien gelindert werden. Darüber hinaus kann das Wissen um das nahende Lebensende eine schwere psychische Belastung für den Patienten darstellen und zu Angstzuständen oder Depressionen führen. Hier hilft eine Betreuung durch Experten wie Psychologen oder Seelsorgern. Hilfestellung bei organisatorischen Angelegenheiten leisten im Bedarfsfall Sozialarbeiter; beispielsweise bei der Erstellung von Dokumenten oder der Klärung von Rechtsfragen.

Wo findet man palliativmedizinische Versorgung?

Die organisierte Palliativmedizin in Deutschland ist noch relativ jung: Die erste palliativmedizinische Einrichtung wurde 1983 in der Uniklinik Köln eröffnet. Über 300 weitere sind bis heute gefolgt, dennoch ist der Bedarf bei weitem nicht gedeckt2. In der Regel wird die Palliativmedizin in Hospizen und Palliativstationen in Krankenhäusern angewandt. Doch es gibt auch ambulante Hospizdienste, welche die Patienten in deren vertrauter, häuslicher Umgebung versorgen.

Finanziert wird die palliativmedizinische Versorgung durch Kranken- und Pflegeversicherung, zum Teil auch durch Spenden. Sowohl finanziell als auch strukturell besteht in Deutschland derzeit flächendeckend ein hoher Bedarf an einem Ausbau der palliativmedizinischen Versorgung.

Paul Brandenburg bei DIPAT Die Patientenverfügung

Ein Beitrag von

Paul Brandenburg

Gründer und Geschäftsführer

Medizinstudium in Berlin und Japan. Forschung und Veröffentlichungen mit mehreren Preisen. Promotion an der Charité mit Auszeichnung durch die wissenschaftliche Fachgesellschaft. Ärztliche Ausbildung an Universitätskliniken in Deutschland und der Schweiz.

Als Facharzt seit 2011 deutschlandweit und international in der Notfall- und Intensivmedizin tätig. KulturSPIEGEL-Bestsellerautor und Publizist zum Gesundheitssystem. Regelmäßiger Gesprächspartner von Medien und Politik.

Zitate und Quellen

1 Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin. 23.09.2016, www.dgpalliativmedizin.de
2 Wikipedia:  „Palliativmedizin“. 23.09.2015, www.wikipedia.de