Pflegegrade verstehen

Ein Überblick zu Leistungen und Kriterien

Sie möchten einen Angehörigen oder Freund zu Hause pflegen? Hier erfahren Sie, was Pflegegrade sind, welche es gibt, wie das Antragsverfahren abläuft und welche finanziellen und anderen Hilfen Sie in Anspruch nehmen können.

Was ist ein Pflegegrad?

Eine Einführung

Eine Pflegebedürftigkeit kann sich langsam entwickeln, aber auch zum Beispiel durch einen Unfall oder eine plötzliche, akute Erkrankung eintreten. Je nach der vorhandenen körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung ist ein Betroffener dann unterschiedlich stark in seiner Selbstständigkeit eingeschränkt. Und braucht Hilfe in Form von Pflegeleistungen. Damit jemand diese erhalten kann, muss er zuvor als pflegebedürftig eingestuft werden. Der Umfang der Pflegebedürftigkeit wird mit dem sogenannten Pflegegrad festgestellt.

Pflegegrad: Definition und Bedeutung

Die Einschränkungen der Selbstständigkeit spiegeln sich also im Begriff Pflegegrad wider, genauer: in einem von insgesamt fünf existierenden Pflegegraden. Die Pflegebedürftigkeit wird mithilfe eines detaillierten Fragenkatalogs für sechs Lebensbereiche ermittelt und dann in Punktwerten erfasst. Die Anzahl der Punkte ergibt den individuellen Pflegegrad.

Umstellung von Pflegestufen auf Pflegegrade

Bis 2017 wurde die Pflegebedürftigkeit noch in Pflegestufen erfasst. Wie viele der alten Pflegestufen gab es? Insgesamt drei, die sich vor allem nach den körperlichen Einschränkungen richteten. Die jetzt gültige Einteilung in fünf Pflegegrade wurde seinerzeit eingeführt, um auch auf psychische Einschränkungen und individuelle Bedürfnisse eingehen zu können. Damit auch psychisch Kranke und demente Menschen von den Pflegeleistungen der Pflegekassen profitieren.

Die fünf Pflegegrade

Die Einstufung in einen der fünf Pflegegrade basiert auf dem körperlichen, psychischen und geistigen Zustand einer Person. Sie spiegelt wider, wie selbstständig jemand seinen Alltag bewältigen kann. Die Pflegegrade reichen von geringen bis zu schwersten Beeinträchtigungen, wobei ein höherer Pflegegrad auch höhere Zuschüsse von der Pflegekasse bedeutet. Hier eine kurze Übersicht:

  • Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten (12,5 bis unter 27 Punkte).
  • Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten (27 bis unter 47,5 Punkte).
  • Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten (47,5 bis unter 70 Punkte).
  • Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten (70 bis unter 90 Punkte).
  • Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung (90 bis 100 Punkte).

Spezielle Fälle mit außergewöhnlich hohem Hilfebedarf können auch in Pflegegrad 5 eingestuft werden, selbst wenn die notwendige Punktzahl nicht vollständig erreicht wird.

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Pflegegrad berechnen – so geht es

Um zu ermitteln, ob eine Person aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen einen Pflegegrad erhält oder einen höheren Pflegegrad als bisher beanspruchen kann, kann ein Pflegegradrechner genutzt werden. Dieses Online-Tool bietet eine einfache und individuelle Einschätzung des Pflegegrads. Es führt Schritt für Schritt durch relevante Fragen und errechnet automatisch ein Ergebnis. So lässt sich schnell und unkompliziert eine gute Einschätzung des möglichen Pflegegrads gewinnen. Pflegegradrechner sind beispielsweise auf der Website der Malteser.¹ verfügbar.

Beratungs- und Unterstützungsangebote

Informationen zu allen Fragen rund um das Thema Pflege – vor allem zu den Entlastungs- und Hilfsangeboten sowie Pflegeleistungen, die Ihnen als pflegebedürftige Person oder pflegender Angehöriger zustehen, erhalten Sie in einer Pflegeberatung. Dafür schätzt ein zertifizierter Pflegeberater Ihre Situation ein, stellt Ihnen entsprechende Leistungen vor und fertigt für Sie einen individuellen Versorgungsplan an.

Beratungsstellen und Ansprechpartner

In fast jedem Bundesland gibt es hierzu Pflegestützpunkte². Hier finden Sie die richtigen Ansprechpersonen, die sich Ihrer persönlichen Pflegesituation annehmen – zertifizierte Pflegeberater.

Informationen im Internet und vor Ort

Statt an Pflegestützpunkte können Sie sich auch an ambulante Pflegedienste, kommunale Stellen oder Einrichtungen der Wohlfahrtspflege wie die Caritas wenden. Wenn Sie die Pflegeberatungsstelle nicht persönlich aufsuchen können, haben Sie die Möglichkeit, die Beratung auch telefonisch oder als Videoanruf in einer Online-Pflegeberatung in Anspruch zu nehmen.

Wie sieht das Antragsverfahren für Pflegegrade aus?

Die Beantragung eines Pflegegrads beginnt mit einem Erstantrag bei der zuständigen Pflegekasse, die der Krankenkasse des Antragstellers zugeordnet ist. Nach der Antragstellung erfolgt eine Begutachtung durch einen unabhängigen Gutachter, der die Pflegebedürftigkeit anhand eines Fragenkatalogs zu verschiedenen Lebensbereichen beurteilt.

Der Pflegegrad wird dann basierend auf der Punktebewertung des Gutachters festgelegt. Wichtig ist, dass die Pflegebedürftigkeit dauerhaft, mindestens sechs Monate lang, bestehen muss und der Versicherte in den letzten 10 Jahren vor der Antragstellung mindestens 2 Jahre lang Beiträge in die soziale Pflegeversicherung eingezahlt haben sollte.

Die Rolle des Medizinischen Dienstes (MD) in der Krankenversicherung

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung berät und unterstützt die Pflege- und Krankenkassen im gesetzlichen Auftrag. Er setzt sich dafür ein, dass Pflegebedürftige den richtigen Pflegegrad erhalten und Zugriff auf die Pflegehilfsmittel erhalten, die sie benötigen – wie Rollstühle oder Rollatoren.

Bewertungsverfahren durch den MD

Bei der Bewertung des Pflegegrades berücksichtigt der Gutachter des MD im Fragenkatalog sechs Lebensbereiche – sogenannte Module. Dabei wird erfasst, welche erkennbaren geistigen, körperlichen oder psychischen Einschränkungen Art beim Pflegebedürftigen vorliegen.

  • Modul 1 – Mobilität = Beweglichkeit
    Hier geht es um die körperliche Beweglichkeit und Fragen wie: Kann sich der Betroffene im Liegen drehen? Alleine aufstehen und etwa vom Bett ins Bad gehen? Kann der Betroffene Treppensteigen?
  • Modul 2 – kognitive und kommunikative Fähigkeiten = verstehen und reden
    Dabei liegt der Fokus auf dem Verstehen und Reden und Fragen wie: Kann der Betroffene Gespräche mit anderen führen? Erkennt der Mensch Personen aus seinem näheren Umfeld? Kann er sich räumlich und zeitlich orientieren? Kann der Betroffene zielgerichtete Handlungen durchführen – wie sich in der richtigen Reihenfolge anziehen? Hier wird nicht auf motorische Fähigkeiten geachtet, sondern nur darauf, ob die Person dazu geistig in der Lage ist.
  • Modul 3 – Verhaltensweisen und psychische Probleme
    Hierzu zählen nächtliche Unruhe, Ängste, Aggressionen oder auch Abwehr gegenüber pflegerischen Maßnahmen. Dabei wird betrachtet, ob und wie häufig bestimmte Verhaltensweisen auftreten.
  • Modul 4 – Selbstversorgung
    Hierbei geht es um die Selbstständigkeit und Fragen wie: Kann sich der Betroffene selbst duschen, die Toilette benutzen? Selbstständig essen und trinken?
  • Modul 5 – Umgang mit krankheits- sowie therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
    Hier steht die selbstständige Umsetzung von ärztlichen Verordnungen und Hilfsmitteln im Mittelpunkt: Kann der Betroffene Medikamente selbst einnehmen? Kann der Pflegebedürftige mit Hilfsmitteln wie einer Prothese angemessen umgehen? Oder auch: Wie oft und wie viel Unterstützung wird dabei gebraucht?
  • Modul 6 – den Alltag gestalten und soziale Kontakte halten
    Leitfragen sind hier: Kann der Pflegebedürftige Freundschaften zu anderen selbstständig pflegen? An Treffen teilnehmen oder ggf. auch Kontakt per Telefon halten?

Für die Einstufung in einen Pflegegrad werden in jedem der sechs Module Punkte ermittelt. Am Ende werden diese Punkte mit unterschiedlichen Gewichtungen zu einem Gesamtwert zusammengezählt, der einem der fünf Pflegegrade entspricht.

Überprüfung und Dauer von Pflegegraden

Ein Pflegegrad ist in der Regel zeitlich unbefristet gültig. Allerdings kann die Pflegekasse in regelmäßigen Abständen eine Überprüfung des Pflegegrades durchführen. So werden in der Regel die Pflegegrade 2 und 3 einmal pro Kalenderjahr erneut überprüft. Einmal pro Quartal findet die Begutachtung für Pflegegrad 4 und 5 statt. Für Pflegebedürftige und ihre Angehörige/Freunde gilt aber auch: Melden Sie selbst auch Änderungen im Gesundheitszustand, damit der Pflegegrad gegebenenfalls neu bewertet und angepasst wird.

Tipps für die MD-Begutachtung

Nachdem Sie den Pflegegrad beantragt haben, beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst, die Pflegebedürftigkeit festzustellen. Bei privat Pflegeversicherten ist das meist der Gutachterdienst „Medicproof“. Bereiten Sie sich auf den Termin vor und holen Sie sich einen Angehörigen oder Ihre Pflegeperson dazu. Das kann in Zweifelsfragen weiterhelfen und gibt Ihnen auch Halt und Unterstützung in dieser ungewohnten Situation. Informieren Sie sich vor der Begutachtung über das Bewertungsverfahren durch den MD. Legen Sie zum Begutachtungstermin Kopien folgender Unterlagen bereit:

  • Aktuelle Berichte von Ärzten und Fachärzten
  • Aktuelle Entlassungsberichte vom Krankenhaus oder einer Reha-Einrichtung
  • Medikamentenplan (z. B. vom Hausarzt)
  • Ggf. Schwerbehindertenausweis
  • Liste der genutzten Hilfsmittel wie Brille, Hörgerät etc.
  • Pflegedokumentation, sofern Sie schon einen ambulanten Pflegedienst haben
  • Eigene Notizen über den Verlauf der Pflege und evtl. Probleme
  • Stellen Sie Ihre Situation realistisch dar – weder aus falscher Scham besser als sie ist, noch schlechter, um auf jeden Fall Leistungen beziehen zu können

Pflegegrade: Finanzielle Unterstützung und Leistungen

Die finanzielle Unterstützung und Leistungen der Pflegekasse richten sich nach dem Pflegegrad und ob die Pflege zu Hause oder stationär erfolgt. Für die häusliche Pflege gibt es Pflegesachleistungen, bei denen die Pflegekasse direkt mit dem ambulanten Pflegedienst abrechnet.

Diese Leistungen umfassen Pflege, Hilfen im Haushalt und Betreuung zu Hause. Die Höhe der Pflegesachleistung variiert je nach Pflegegrad, von bis zu 761 Euro für Pflegegrad 2 bis zu 2.200 Euro für Pflegegrad 5. Zusätzlich gibt es einen Entlastungsbetrag von 125 Euro monatlich für alle Pflegegrade. Bei vollstationärer Pflege in einem Pflegeheim oder einer speziellen Einrichtung leistet die Pflegekasse Beiträge, die je nach Pflegegrad von 125 Euro bis zu 2.005 Euro reichen.

Bei der häuslichen Versorgung ohne Pflegesachleistungen wird Pflegegeld gezahlt, das je nach Pflegegrad von 332 Euro bis 947 Euro reicht und direkt an den Pflegebedürftigen ausgezahlt wird.

Pflege zu Hause

Verschiedene Umstände können dazu führen, dass sich ein Familienangehöriger oder ein Freund nicht mehr selbst versorgen kann. Ein Großteil der Angehörigen entscheidet sich dann dazu, den Betroffenen zu Hause zu betreuen.

Pflege durch Angehörige

Über 4 Millionen Menschen sind in Deutschland pflegebedürftig. 80 Prozent von ihnen werden zu Hause gepflegt. Doch die Pflege von Angehörigen oder Freunden zu Hause bedeutet für die Pflegeperson meist einen extremen Einschnitt in das eigene Leben.

Ambulante Pflegedienste: Auswahl und Leistungen

Wenn Angehörige oder Freunde eines Pflegebedürftigen die Unterstützung im Pflegefall nicht leisten können oder wollen, können Betroffene einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch nehmen. Pflegedienstleistungen werden von den Wohlfahrtsverbänden, aber auch von privat-gewerblichen Anbietern erbracht. Das Angebot ist groß – die Qualität nicht immer gleich. Lassen Sie sich deshalb bei den Pflegekassen eine Preisvergleichsliste der ortsansässigen Pflegedienste geben und vergleichen Sie die Kosten. Sie können sich auch bei den Beratungsstellen der Kommunen oder der Wohlfahrtspflege bei der Auswahl beraten lassen. Eine gute Idee ist es, im Bekanntenkreis oder bei anderen Betroffenen nach Erfahrungen mit Pflegediensten zu fragen. Dabei bekommen Sie bestimmt wertvolle Tipps und Hinweise.

Grundsätzlich erfüllen die Mitarbeiter eines Pflegedienstes vor allem folgende Aufgaben:

  • Unterstützung bei Körperpflege, Ernährung und Mobilität
  • Medikamentengabe oder Verbände wechseln
  • Unterstützung bei der Alltagsgestaltung
  • Beratung der pflegebedürftigen Personen und der Familienmitglieder bei Fragen rund um die Pflege
  • Hilfe bei der Vermittlung von weiteren Unterstützungsangeboten
  • Unterstützung bei der Haushaltsführung, dazu zählt auch kochen, putzen oder Wäsche waschen

Wohnungsanpassung erleichtert Leben

Die wenigsten Wohnungen sind alten- oder behindertengerecht ausgestattet. Manchmal genügen nur ein paar kleine Veränderungen, um das Leben in den eigenen vier Wänden zu erleichtern. Für solche Anpassungen der Wohnung können Pflegebedürftige, die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten, Zuschüsse beantragen. Wohnberatungsstellen vor Ort beraten über Möglichkeiten zur Wohnungsanpassung und Finanzierung.

Stationäre Pflege und Pflegeheime

Wer in ein Pflegeheim umzieht, sollte dabei nicht nur auf Ausstattung und Lage achten. Auch bei den Preisen kann es von Heim zu Heim Unterschiede geben.

Auswahl des richtigen Pflegeheims

Wenn Sie sich auf die Suche nach einer Pflegeeinrichtung machen, sollten Sie eine persönliche Checkliste erstellen – mit Fragen wie: Wie weit ist das Heim von der jetzigen Wohnung entfernt? Kann ich meine eigenen Möbel mitbringen? Welche Serviceangebote wie Logopädie oder Krankengymnastik gibt es? Wenn Sie am besten online einige Wohnheime ausgewählt haben, besuchen Sie diese nach Möglichkeit – am besten in Begleitung einer vertrauenswürdigen Person. Der Besuch vor Ort ist wichtig, weil er mehr über eine Einrichtung verrät als deren Selbstdarstellung in Prospekten oder im Internet.

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Tipp: Seit 2020 wird die Qualität von Pflegeheimen nach einem neuen System ermittelt und auch veröffentlicht. Auf den Internet-Portalen der Pflegekassen sind diese Qualitätsbewertungen zu finden. Zum Beispiel beim Pflegenavigator der AOK³ oder beim Pflegelotsen der Ersatzkassen⁴.

Kosten und Finanzierung

Wenn ein Pflegegrad vorliegt, übernimmt die Pflegekasse oder Pflegeversicherung anteilig die Pflegekosten. Die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und die Investitionskosten des Pflegeheims trägt der Pflegebedürftige selbst. Wenn das Einkommen nicht reicht, und keine eigenen Kinder vorhanden sind oder diese nicht zum Unterhalt herangezogen werden können, kann der Betroffene unter Umständen bei einem Sozialhilfeträger Unterstützungsleistungen beantragen. Auch hier gilt: Lassen Sie sich zum Thema Heimplatzkosten beraten: beim örtlichen Sozialamt, den Verbraucherzentralen oder den Pflegestützpunkten.

Stationäre Pflege im Krankenhaus

Eine stationäre Pflege im Krankenhaus nennt man Übergangspflege. Sie wird meist notwendig, wenn im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung die erforderlichen Leistungen der häuslichen Krankenpflege, der Kurzzeitpflege, Leistungen zur Rehabilitation oder Pflegeleistungen nicht oder nur unter erheblichem Aufwand erbracht werden können. Auf Übergangspflege im Krankenhaus besteht jedoch nur ein Anspruch für längstens zehn Tage je Krankenhausbehandlung.

Sozialdienst als Ansprechpartner im Krankenhaus

Nach einem Unfall oder einer plötzlichen Krankheit können Betroffene noch im Krankenhaus über den dortigen Sozialdienst im Rahmen einer Eileinstufung eine kurzfristige Begutachtung der Pflegebedürftigkeit und damit auch des Pflegegrades erhalten.

Pflegehilfsmittel und technische Unterstützung

Wer pflegebedürftig ist, zu Hause wohnt oder in einer Wohngemeinschaft betreut wird, kann sich regelmäßig mit bestimmten Pflegehilfsmitteln versorgen lassen. Die gesetzlichen Pflegekassen oder privaten Pflegeversicherungen übernehmen die Kosten dafür.

Übersicht über verfügbare Hilfsmittel

Pflegehilfsmittel sind dafür da, den Alltag von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen zu Hause leichter zu machen. Betroffene können technische Pflegehilfsmittel zum Teil auch leihweise erhalten und brauchen sie nicht zu kaufen. Zu den technischen Pflegehilfsmitteln gehören zum Beispiel:

  • Pflegebetten
  • Spezielle Pflegebetttische
  • Sitzhilfen zur Pflegeerleichterung
  • Hausnotrufsysteme

Dagegen dienen die meisten Pflegehilfsmittel dem Schutz der Pflegepersonen. Das sind unter anderem:

  • Bettschutzeinlagen für den Einmalgebrauch
  • Fingerlinge
  • Einmalhandschuhe
  • Mundschutz
  • Desinfektionsmittel für die Hände und Flächen

Beantragung und Finanzierung von Hilfsmitteln

An den Kosten von bestimmten Pflegehilfsmitteln beteiligen sich die Pflegekassen anteilig. Für technische Hilfsmittel übernehmen sie in der Regel die Kosten oder es wird nur ein kleiner Eigenanteil fällig. Betroffene haben Anspruch auf Pflegehilfsmittel, wenn Sie mindestens Pflegegrad 1 haben, zu Hause, in einer Wohngemeinschaft oder einer betreuten Anlage wohnen und von Angehörigen oder Freunden betreut werden. Wenn Sie oder Ihren Angehörigen/Freunde Pflegehilfsmittel benötigen, können Sie bei der Pflegekasse einen Antrag auf Kostenübernahme einreichen. In den meisten Fällen übernimmt aber der gewählte Leistungserbringer – wie ein Sanitätshaus oder die Apotheke – die Antragstellung für Sie.

Rechte der Pflegebedürftigen

Pflegebedürftige Menschen haben dieselben Rechte wie alle anderen. Dazu gehören zum Beispiel das Recht auf Selbstbestimmung, Respekt, Freiheit, Privatheit und Sicherheit sowie das Recht auf eine gute, würdevolle Pflege. Der Staat und die Gesellschaft sowie alle an der Versorgung beteiligten Personen tragen dafür eine besondere Verantwortung.

Gesetzliche Grundlagen und Schutz

Die Rechte Pflegebedürftiger ergeben sich aus einer Reihe von Gesetzen, zum Beispiel dem Grundgesetz und den Sozialgesetzbüchern. Auch in internationalen und europäischen Rechtstexten werden diese Rechte erwähnt. Dazu zählen vor allem die UN-Behindertenrechtskonvention, die Europäische Sozialcharta und die Charta der Rechte der EU.

In der deutschen Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen werden die Rechte Pflegebedürftiger konkret beschrieben. Die Pflege-Charta dient damit als Leitfaden für eine gute Versorgung pflegebedürftiger Menschen. Die Situation pflegebedürftiger Menschen und ihre Position sollen so gestärkt werden. Zudem kann die Pflege-Charta als Grundlage für das Qualitätsmanagement von Pflegeanbietern sowie im Rahmen pflegefachlicher Aus-, Fort- und Weiterbildung eingesetzt werden.

Umgang mit Pflegemängeln und Beschwerden

Mängel in Pflegeeinrichtungen oder bei der Arbeit von ambulanten Pflegediensten wie eine mangelhafte Körperpflege, Fixierungen am Bett oder Eingriffe in die Privatsphäre kommen leider immer wieder vor. Das heißt aber nicht, dass Sie als Betroffener untätig bleiben müssen. Wichtig ist, die Mängel in einem Tagebuch zu dokumentieren und Zeugen hinzuzuziehen. Bei Problemen in Pflegeheimen sollten Sie ein Gespräch mit der Heimleitung suchen. Oder bei einer weiteren Eskalation die Pflegekasse oder die Heimaufsicht einschalten. Bei Problemen mit ambulanten Pflegediensten kann zum Beispiel auch die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen e. V.⁵ helfen.

Besondere Aspekte der Pflegegrade

Knapp fünf Millionen Menschen in Deutschland haben einen Pflegegrad. Zwar steigt im Alter die Wahrscheinlichkeit, einen Pflegegrad zu erhalten, doch auch Jüngere können aufgrund von Krankheiten pflegebedürftig werden.

Pflegegrade bei bestimmten Krankheiten und körperlichen Einschränkungen

Leichte körperliche Einschränkungen zum Beispiel durch eine Wirbelsäulen- oder Gelenkserkrankung wie Arthrose führen zu Pflegegrad 1. Eine Depression kann beispielsweise eine erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit bedeuten – und damit mit Pflegegrad 2 erfasst werden. Lähmungen durch Schlaganfall oder Multiple Sklerose führen beispielsweise zu schweren Beeinträchtigungen und damit Pflegegrad 3. Pflegegrad 4 bedeutet eine schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit, die z. B. durch eine fortgeschrittene ALS gegeben ist. Eine fortgeschrittene Demenz in Kombination mit weiteren Erkrankungen bedeutet eine schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit – und damit Pflegegrad 5.

Pflegegrade im Kindesalter

Bei der Ermittlung des Pflegegrades von Kindern und Jugendlichen folgt der MD in seiner Begutachtung den gleichen Grundsätzen wie bei Erwachsenen. Die relevanten Kriterien treffen mit nur wenigen Anpassungen auch auf Kinder und Jugendliche zu. Allerdings gelten andere Maßstäbe für Kinder unter zwölf Jahren, weil die im Gegensatz zu Erwachsenen erst noch Fähigkeiten und Selbstständigkeiten entwickeln.

Ob und in welchem Maße ein Kind dann pflegebedürftig ist, zeigt sich im Vergleich mit gesunden Altersgenossen. Kleinkinder unter 1 ½ Jahren werden pauschal einen Pflegegrad höher eingestuft, weil sie in den meisten Bereichen des Alltagslebens Hilfe benötigen.

Pflegegrade bei Demenz

Menschen in einem frühen Stadium der Demenz werden häufig in Pflegegrad 2 eingestuft, Erkrankte in fortgeschrittenen Stadien erhalten entsprechend höhere Pflegegrade. Bei Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen verschlechtert sich der Zustand der Patienten zunehmend. Um eine optimale Betreuung zu gewährleisten, sollte deshalb der Pflege-Status regelmäßig überprüft werden.

Regionale Unterschiede in der Pflege

In Deutschland gibt es erhebliche regionale Unterschiede in der Pflege, sowohl in der Art als auch in der Qualität und den Kosten. Diese Variabilität zeigt sich besonders zwischen den einzelnen Bundesländern.

  • Stationäre Pflege: Beispielsweise zahlen Pflegebedürftige im Saarland durchschnittlich 869 Euro monatlich als Eigenanteil für die stationäre Unterbringung, während es in Thüringen nur etwa 225 Euro sind.
  • Ambulante Pflege: In Rheinland-Pfalz kostet eine bestimmte ambulante Pflegeleistung 25,68 Euro, basierend auf einem Punktwertsystem, während in Mecklenburg-Vorpommern für dieselbe Leistung nur 14,41 Euro veranschlagt werden.

Zudem unterscheidet sich das Angebot an Pflegeheimen und häuslicher Pflege je nach Region. In Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und den östlichen Bundesländern wird häusliche Pflege, oft durch Angehörige oder ambulante Dienste, bevorzugt. In Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein hingegen ist die stationäre Pflege verbreiteter, trotz teils hoher Eigenanteile in Bayern und vergleichsweise niedriger in Schleswig-Holstein. Diese Beispiele zeigen, dass die Pflegeversorgung stark vom regionalen Angebot und weniger vom individuellen Bedarf abhängig ist.

Was tun bei Ablehnung oder Erhöhung des Pflegegrades?

Bei Ablehnung oder dem Wunsch nach Erhöhung des Pflegegrades können Betroffene innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Wird ein Pflegegradantrag abgelehnt oder ein niedrigerer Grad zugeteilt als erwartet, ist ein schriftlicher Widerspruch an die Pflegekasse möglich. Dieser kann per Einschreiben oder Fax versendet werden, um den Fristnachweis zu sichern.

Pflege für Menschen mit Behinderung

Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen bedürfen besonderer Aufmerksamkeit und Fürsorge. Denn im Alltag ist jeder von ihnen auf seine eigene Weise eingeschränkt. Manchen reicht der Umbau in ein behindertengerechtes Zuhause, andere benötigen Pflege und Betreuung rund um die Uhr.

Unterstützung für Menschen mit Behinderung

Zu den Leistungen für Menschen mit Behinderungen, die zu Hause leben, zählen auch das Pflegegeld, Pflegesachleistungen, eine Kombination von Pflegegeld und Pflegesachleistungen sowie ein zusätzlicher Entlastungsbetrag zum Pflegegeld. Zudem sind natürlich auch hier „Wohnumfeldverbesserungen“ möglich, an deren Kosten sich die Pflegekasse beteiligt – wie der Einbau eines behindertengerechten Badezimmers, Türverbreiterungen oder der Einbau eines Treppenlifts.

Besondere inklusive Pflegeangebote in Form richten sich an Pflegebedürftige, die in einer vollstationären Behinderteneinrichtung leben. Im Unterschied zur vollstationären Pflege im Pflegeheim steht bei Einrichtungen der Behindertenhilfe die Teilnahme am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung im Vordergrund.

Pflege im Kontext von Migration

In Deutschland steigt die Zahl pflegebedürftiger Menschen mit Migrationshintergrund, vor allem unter denjenigen, die zwischen 1950 und 1970 eingewandert sind. Bis 2030 könnte ihr Anteil auf bis zu 2,8 Millionen steigen. Entscheidend ist daher eine kultursensible Pflege, die kulturelle und religiöse Besonderheiten berücksichtigt. Dies erfordert mehrsprachiges Fachpersonal in Pflegeeinrichtungen und ambulanten Diensten sowie die Bereitstellung von Übersetzungsangeboten, um allen Pflegebedürftigen gerecht zu werden.

Rechtlicher Hinweis

Alle Informationen in diesem Beitrag dienen einer Einführung ins Thema und damit der allgemeinen, nicht ins Detail gehenden Information. Sie stellen keine Rechtsberatung im Einzelfall dar, können und sollen diese auch nicht ersetzen.

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Zitate und Quellen

1 Malteser Deutschland, Pflegegrad-Rechner:
https://www.malteser.de/hausnotruf/preise/pflegegrad-rechner.html

2 Datenbank für Beratungsstellen der Pflegestützpunkte:
https://www.zqp.de/beratung-pflege/#/home

3 Pflegenavigator der AOK:
https://www.aok.de/pk/pflegeheim-in-der-naehe/)

4 Pflegelotse der Ersatzkassen:
https://www.pflegelotse.de/presentation/pl_startseite.aspx

5 Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen e. V.:
https://www.biva.de/

Heike Byn bei DIPAT Die Patientenverfügung

Ein Beitrag von

Heike Byn

Freie Autorin & Journalistin

Verfasst medizinisch fundierte Fachartikel mit Expertise vor allem in Gesundheits-, Familien- und Gesellschaftsthemen.