Reformiertes Organspendegesetz: Organspenderegister kommt erst Ende 2022

Zu wenig Organspenden in Deutschland

In Deutschland werden zu wenig Organe gespendet. Auch wenn die Meinung zur Organspende bei vielen Bürgerinnen und Bürgern positiv ist: Wie zum Beispiel eine repräsentative Umfrage der Krankenkasse Barmer 20211 ergab, bei der sich 36 Prozent der Befragten zu einer Organspende bereiterklärten. Aber auch das ist Realität: Rund 9.400 Menschen standen im Jahr 2021 auf einer Warteliste für ein Spenderorgan.

Online-Organspenderegister zentraler Baustein im Organspendegesetz

Wie man die Bereitschaft zur Organspende in der Bevölkerung erhöht und wie eine gesetzliche Regelung dafür aussehen kann, das war in den letzten Jahren immer wieder Anlass für hitzige Diskussionen in Politik, Öffentlichkeit und unter Experten. Zuletzt hat der Bundestag Anfang im Jahr 2020 eine Reform des „Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“2 – abgekürzt „Organspendegesetz“ – beschlossen.

Eintrag ins Organspenderegister auch beim Bürgeramt oder Hausarzt

Ein zentraler Baustein des Gesetzes ist ein Online-Organspenderegister, das beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn angesiedelt ist. Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren sollen darin sicher und digital ihre Bereitschaft zur Organ- und Gewebespende erklären können – direkt online, auch von zuhause aus. Dabei sollen potenzielle Organspenderinnen und Organspender ihren Eintrag ins Organspenderegister zusätzlich in den Ausweisstellen der Gemeindeverwaltungen abgeben oder mit einem Besuch beim Hausarzt verknüpfen können.

Auf der anderen Seite soll das medizinische Fachpersonal in Kliniken, die Organe entnehmen, nach dem Tod eines möglichen Spenders oder einer Spenderin dann in diesem Register die Daten abrufen können. So lässt sich schnell und leicht klären, ob jemand eine Erklärung zur Organspende abgegeben hat.

Umsetzung von Organspenderegister Deutschland verzögert sich: Was sind die Gründe?

Erst zwei Jahre nach seinem Beschluss ist das reformierte Organspendegesetz nun zum 1. März 2022 in Kraft getreten. Seine konkrete Umsetzung – vor allem die Einrichtung des Online-Organspenderegisters – wird sich dabei aber wohl noch weiter verzögern. Laut zuständigem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte liegt das vor allem an den fehlenden technischen Voraussetzungen für das Register in den Krankhäusern, die Organe entnehmen können. Außerdem, so das Bundesinstitut, sei das vor Ort mit einem zusätzlichen Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden, den die Kliniken noch zusätzlich zu den ohnehin schon erheblichen pandemiebedingten Belastungen zu bewältigen hätten. „Um dem Rechnung zu tragen, soll das Register insgesamt nicht vor Ende des Jahres 2022 in Betrieb genommen werden“, erklärte das Bundesinstitut.

Tatsächlich hat die bislang schleppende Umsetzung der wichtigen Organspendegesetz-Reform auch mit dem Regierungswechsel in Deutschland und den damit einhergehenden Veränderungen in den Bundesministerien zu tun. Auch das für den bundesdeutschen Föderalismus typische Kompetenzgerangel zwischen Bund und Länder hat den Umsetzungsprozess erheblich stocken lassen. Die Folge: ein weiteres Stagnieren bei der ohnehin rückschrittlichen Digitalisierung im Gesundheitswesen.

Neues Organspende-Gesetz: Verspätung gefährdet Menschenleben

Kritiker prangern an, dass eine weitere Verzögerung Zeit kostet, die auf Spenderorgane wartende Menschen nicht haben. Zudem habe die öffentliche Aufmerksamkeit fürs Thema bereits wieder nachgelassen. Darunter leiden wiederum Patientinnen und Patienten, die auf ein Organ warten. Eine weiteres Aufschieben der Einrichtung eines Online-Organspenderegisters gefährdet letztlich deshalb auch Menschenleben.

Gesetzliche Regelung Organspende in Deutschland: Chancen für Schwerkranke

Bevor der Bundestag im Januar 2020 eine Neuregelung des Organspendegesetzes beschloss, hatten nicht nur die Abgeordneten, sondern auch Kirchen, Ärzteverbände und eine breite Öffentlichkeit zuvor über verschiedene Gesetzesentwürfe teils heftig diskutiert. Durchgesetzt hatte sich schließlich die sogenannte Zustimmungslösung, bei der sich ein Mensch bewusst und freiwillig für eine Organspende entscheidet. Der Vorteil: Patientinnen und Patienten bleiben damit selbstbestimmt, entlasten mit ihrer Erklärung im Notfall die Angehörigen und sorgen für Klarheit bei den behandelnden Ärzten und Ärztinnen.

Für Schwerkranke, die auf der Warteliste für eine Organtransplantation stehen, bedeuten die Neuerungen – vor allem im Hinblick auf das Online-Organspenderegister – auch eine bessere Chance darauf, schneller passende Spender zu finden.

Organspendegesetz: Gibt es Kritik an neuer Regelung?

Gerade die durch das Gesetz gewünschte Entscheidungsfreiheit von Bürgerinnen und Bürgern kann aber auch zu Problemen führen: Was ist, wenn ein Patient oder eine Patientin mehrere Erklärungen für eine mögliche Organspende zu unterschiedlichen Zeiten verfasst hat? Auch das regelt der Gesetzesentwurf, wonach immer die zuletzt abgegebene Erklärung gilt. Wenn nicht klar ist, welche Entscheidung die jüngste ist, muss ein naher Angehöriger befragt werden. Weiß der keine eindeutige Antwort, gilt dann meist die Erklärung, bei der die Regelungen zur Organspende weniger weitreichend sind. Der Vorteil: So wird dafür gesorgt, dass der aktuelle Wille des Patienten oder der Patientin zählt und verhindert, dass eine Organspende gegen den Willen des Spenders oder der Spenderin stattfindet. Der Nachteil: Dabei kann es zu Fällen kommen, in denen eine eigentlich gewollte Organspende doch noch unmöglich wird.

Deshalb fordern Verbände wie die Deutsche Stiftung Organtransplantation3 eine weitere Überarbeitung des Organspendegesetz Deutschland, wonach Ärztinnen und Ärzte schon dann Einsicht ins Organspenderegister bekommen sollten, wenn keine Aussicht mehr auf Heilung von Kranken besteht und der unumkehrbare Hirnfunktionsausfall wahrscheinlich ist. Und nicht erst dann, wenn der Tod des potenziellen Organspenders oder der Organspenderin festgestellt worden ist, wie es der aktuelle Gesetzentwurf vorsieht.

Organspenderegister in Deutschland: Was ist ungeklärt?

Kritik kommt auch vom Deutschen Hausärzteverband4: Die darin organisierten Medizinerinnen und Mediziner erachten die im reformierten Organspendegesetz veranschlagten fünf Minuten Beratungsgespräch alle zwei Jahre für einen Eintrag ins Organspenderegister als unzureichend. Eine derartige Regelung werde der Komplexität und Bedeutung des Themas in keiner Weise gerecht.

Kritiker betonen zudem, dass die bloße Einrichtung des Organspenderegisters ohne begleitenden Werbe- und Informationskampagnen für die Bevölkerung wohl kaum zu einer nennenswerten Steigerung von Organspenden führen werde. Ein nachvollziehbares Argument: Schließlich sind Ende 2022, wenn das Organspenderegister wahrscheinlich installiert ist, seit der Debatte um die Reform des Organspendegesetzes nahezu drei Jahre vergangen. Damit ist das Thema sicher nicht mehr so präsent im öffentlichen Bewusstsein verankert.

Organspende regeln: Organspenderegister, Organspendeausweis, Gesundheitskarte oder Patientenverfügung

Doch auch, wenn das bundesweite Online-Organspenderegister schließlich eingerichtet ist, gibt es keine Verpflichtung für potenzielle Organspender, Ihre Bereitschaft dort zu erklären. Sie können dies auch nach wie vor auf dem Organspendeausweis, auf der elektronischen Gesundheitskarte oder in einer Patientenverfügung dokumentieren.

Eine Patientenverfügung ist hier ein besonders geeignetes Mittel. Damit können man nämlich die Behandlungswünsche für medizinische Notfälle festhalten und so vielfältige Behandlungssituationen abdecken. Wenn Patientinnen und Patienten ihre Organspendewünsche direkt in dem Dokument vermerken, hat ein Arzt oder eine Ärztin schon vor dem Tod alle wichtigen Informationen vorliegen und kann sich mit Behandlungsentscheidungen optimal auf den Patienten einstellen. Eine zeitgemäße Unterstützung bieten wir von DIPAT Ihnen dabei in Form eines umfassenden und intelligenten Online-Interviews. So können Sie eine präzise Patientenverfügung digital erstellen, die durch einen Abrufcode im Notfall für Angehörige und medizinisches Personal jederzeit verfügbar ist.

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Heike Byn bei DIPAT Die Patientenverfügung

Ein Beitrag von

Heike Byn

Freie Autorin & Journalistin

Verfasst medizinisch fundierte Fachartikel mit Expertise vor allem in Gesundheits-, Familien- und Gesellschaftsthemen.