Neues Ehegattenvertretungsrecht ab 2023

Was die Regelung im Notfall heißt und warum Vorsorgedokumente dennoch wichtig bleiben.

Wer verheiratet ist oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt, darf in Zukunft im medizinischen Notfall von rechts wegen für den Ehepartner oder die Lebenspartnerin entscheiden. Das macht ab 1. Januar 2023 das sogenannte Ehegatten-Notvertretungsrecht möglich. Es regelt, wie und in welchem Umfang jemand für seinen erkrankten Ehemann oder die erkrankte Lebenspartnerin medizinische Entscheidungen treffen darf. Doch wann gilt das Notvertretungsrecht? Und wie läuft das Verfahren ab? Hier finden Sie die Antworten.

Ab wann gilt das neue Ehegattenvertretungsrecht?

Verheiratete oder Menschen in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft  dürfen im Krankheitsfall jetzt von Rechts wegen für ihren Partner oder ihre Partnerin gesundheitliche Entscheidungen treffen. Gesetzliche Grundlage für dieses neue Ehegatten-Notvertretungsrecht bildet eine Reform des bisher geltenden Familienrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch – genauer: eine Änderung im Paragraf 13581. Die neue Regelung tritt ab dem 1. Januar 2023 in Kraft. Sie gilt aber nur dann, wenn keine Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und/oder Patientenverfügung vorliegt.

Notvertretungsrecht für Ehegatten: Wann, für wen und wie lange gilt es?

Das Recht, für den Partner oder die Partnerin in Ausnahmesituationen entscheiden zu dürfen, gilt für medizinische Notfälle. Und auch nur für Eheleute oder Menschen, die in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft leben. Erwachsene Kinder, andere Familienmitglieder oder jemand aus dem Freundeskreis der Familie dürfen es nicht ausüben.

Das Gesetz schreibt aber auch vor, dass das Notvertretungsrecht für Ehegatten oder Lebenspartnerinnen in bestimmten Fällen nicht greift:

  • wenn die Ehegatten oder Lebenspartner getrennt leben oder
  • wenn der behandelnde Arzt oder der Ehepartner, der das Vertretungsrecht für den Kranken übernehmen per Gesetz übernehmen soll, weiß, dass die betroffene Person eine Vertretung durch den Ehepartner oder die Ehepartnerin nicht wollte oder
  • der betroffene Kranke einen entsprechenden Widerspruch gegen das Vertretungsrecht der Ehegattin oder des Lebenspartners im Zentralen Vorsorgeregister eingereicht hat oder
  • der betroffene Kranke bereits in einem Vorsorgedokument einen anderen Betreuer oder eine andere Betreuerin bestimmt hat.

Entscheidungen, die das Vermögen des anderen betreffen oder die Erlaubnis, auf das Konto des Ehegatten oder der Lebenspartnerin zuzugreifen, regelt das neue Notvertretungsrecht jedoch nicht. Zudem ist das Notvertretungsrecht zeitlich begrenzt: es gilt für maximal sechs Monate.

Notvertretungsrecht löst Problem: Ehegatten entscheiden jetzt von Gesetzes wegen

Bisher war die Rechtslage so – und das gilt auch noch bis zum 31. Dezember 2022: Ist eine Ehepartnerin oder ein Lebenspartner zum Beispiel nach einem Unfall oder bei einer schweren Erkrankung nicht mehr in der Lage, für sich selbst zu entscheiden, muss das eine betreuende Person im Auftrag des oder der Kranken machen. In der Regel ist das jemand mit einer Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und/oder Patientenverfügung. Mit solch einem Vorsorgedokument bestimmen Sie, wer für Sie im Notfall wichtige Entscheidungen treffen darf. Sie können dafür die Person aus Ihrer Partnerschaft bestimmen – oder jemand anderen. Das Problem daran: Die meisten Menschen ohne eine Vorsorgevollmacht gehen allerdings bislang irrtümlich davon aus, dass im Notfall automatisch der Ehegatte oder die eingetragene Lebenspartnerin als Betreuungsperson handeln darf. Doch sofern zum Beispiel keine Vorsorgevollmacht vorliegt, suchte das Betreuungsgericht - und das wird es auch noch bis Ende des Jahres tun - in jedem Fall nach einem geeigneten Betreuer. Das ist bei verheirateten oder verpartnerten Paaren meist die Ehepartnerin oder der Lebenspartner – muss es aber eben nicht immer sein, denn darüber entscheidet letztlich das Gericht.

Was ist im neuen Ehegatten Notvertretungsrecht alles geregelt?

Ab 1. Januar 2023 dürfen nun aber Eheleute oder Menschen in einer Lebenspartnerschaft automatisch für den anderen im medizinischen Notfall in Untersuchungen, Behandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligen oder sie untersagen. Auch der Abschluss von Behandlungsverträgen, Verträgen über Reha-Maßnahmen oder die Entscheidung über eine Pflegeeinrichtung ist erlaubt. Ferner dürfen sie auch über Maßnahmen entscheiden, die die Freiheit des Patienten oder der Patientin einschränken: wie zum Beispiel das Anbringen von Bettgittern oder die Gabe ruhigstellender Medikamente. Wichtig zu wissen: Diese Regelung gilt jedoch höchstens für sechs Monate.

Entscheidungen in Vermögens-, Wohnungs- oder Behördenangelegenheiten fallen jedoch nicht unter das neue Ehegatten Notvertretungsrecht. Wer dabei für Sie stellvertretend handeln soll, das müssen Sie dann in einer Betreuungsverfügung oder einer Vorsorgevollmacht bestimmen.

Wer bestimmt, wann das Notvertretungsrecht beginnt?

Im medizinischen Notfall, also zum Beispiel nach einem Unfall oder bei einem Schlaganfall, muss eine berechtigte Person das Ehegatten-Notvertretungsrecht gegenüber einem Arzt geltend machen. Dieser muss dann schriftlich bestätigen, dass die Voraussetzungen dafür vorliegen und den Zeitpunkt für den Beginn dokumentieren. Ehepartner oder Lebenspartnerinnen können dann im Notfall über die Behandlung entscheiden, Einsicht in die Krankenakte nehmen und mit dem medizinischen Personal kommunizieren.

Das Dokument gilt sechs Monate lang und darf nicht verlängert werden. Ist der Patient oder die Patientin auch danach noch nicht in der Lage, eigene Entscheidungen zu treffen, kann das Betreuungsgericht eine Betreuung einsetzen und auch darüber entscheiden, wer das sein soll. Wichtig: Das automatische Vertretungsrecht kann nicht auf andere Familienmitglieder wie Geschwister oder erwachsene Kinder übertragen werden.

Was tun, wenn der Ehegatte nicht entscheiden soll?

Eheleute oder Menschen in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, die nicht wollen, dass automatisch der andere im Notfall über ihre Gesundheit entscheidet, können dagegen vorab Widerspruch einlegen. Ab Januar 2023 können sie diesen Widerspruch beim Zentralen Vorsorgeregister2 eintragen lassen. Das medizinische Fachpersonal hat Zugriff auf dieses Register und kann im Notfall prüfen, ob die Patientin oder der Patient solch einen Widerspruch gegen die Vertretung durch den Ehepartner oder die Lebenspartnerin eingelegt hat. Der Widerspruch schließt aber nur das Notvertretungsrecht eines Ehegatten oder Lebenspartners aus – ohne jedoch zu regeln, wer stattdessen für einen handeln soll. Wichtig: Der schriftliche geäußerte Widerspruch ist nicht nötig, wenn jemand in einem rechtlich bindenden Vorsorgedokument - wie einer Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung oder Patientenverfügung - eine andere betreuende Person als den Ehe- oder Lebenspartner für den Notfall festgelegt hat. Unser Tipp für den medizinischen Notfall: Eine online hinterlegte Patientenverfügung von DIPAT ist jederzeit abrufbar. Den Notfallabrufcode können Sie gleich auf Ihre Gesundheitskarte kleben.

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Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht stehen über automatischem Notvertretungsrecht

Wenn Sie eine Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung  haben, können Sie darin natürlich festlegen, wer im medizinischen Notfall in Gesundheitsfragen - und  im Fall von Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung - auch in Vermögensfragen für Sie Entscheidungen treffen soll. Die neue gesetzliche Regelung des Ehegatten-Notvertretungsrechts gilt dadurch dann nicht mehr. Somit stehen gültige Vorsorgedokumente über dem Ehegatten-Notvertretungsrecht.

Warum sind Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung nach wie vor wichtig?

Klar: Das neue Ehegatten-Notvertretungsrecht füllt eine Lücke aus, von deren Existenz viele Verheiratete bislang gar nichts wussten. Doch Fachleute – wie beispielsweise von der Bundesnotarkammer3 – sehen auch das neue Notvertretungsrecht noch nicht als 100-prozentige Lösung an und geben der Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung sowie einer die medizinischen Details regelnden Patientenverfügung im Zweifel immer den Vorzug. Denn wer selbst und differenziert darüber entscheiden will, wer im Notfall die eigenen Interessen vertreten soll, kann das eigentlich nur im Rahmen von Vorsorgedokumenten regeln.

Die Nachteile des Notvertretungsrechts:

  • Das Notvertretungsrecht bezieht sich nur auf Fragen der Gesundheitssorge. Für andere rechtliche Belange – wie Fragen der Wohnung oder des Vermögens greift es nicht. Das hat der Gesetzgeber bewusst so angelegt, um möglichem Missbrauch durch bevollmächtigte Personen vorzubeugen.
  • Es gilt nur für maximal 6 Monate. Danach bestimmt das Gericht immer einen Betreuer, der dann weiterhin für den Patienten oder die Kranke entscheidet.
  • Der neue Betreuer kann jemand aus der Familie sein, das Gericht kann aber auch einen Berufsbetreuer oder eine Berufsbetreuerin bestimmen.
  • Somit haben Lebensgefährtin und Ehemann dann keinen Einfluss mehr auf die weiteren Entscheidungen des Partners oder der Partnerin.
  • Das automatische Notvertretungsrecht birgt dennoch potenziell auch eine Gefahr der Willkür: Beispielsweise wenn Ehegatten eben nicht wirklich bereit oder in der Lage sind, Entscheidung im Sinne des kranken Partners oder der Partnerin zu fällen oder sich moralische Konflikte im Hinblick auf eine mögliche Erbschaft entwickeln.

Die Vorteile von Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung

  • Liegt eine Vorsorgevollmacht vor, darf ein Gericht keine andere als darin genannte Betreuung anordnen. Natürlich gilt dann auch das Ehegatten Notvertretungsrecht nicht.
  • Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie nicht (nur) Ihren Partner oder Ihre Partnerin  bevollmächtigen, im medizinischen Notfall oder wegen altersbedingter Schwäche wichtige Entscheidungen zu treffen. Sie können auch erwachsenen Kindern oder engen Vertrauten eine Vorsorgevollmacht erteilen.
  • Außerdem können Sie dabei auch verschiedene Aufgaben konkret festlegen und verteilen, zum Beispiel wer sich um die Finanzen, die Wohnung, den Aufenthalt, die Gesundheit und die Pflege kümmern soll und wer beispielsweise mit Behörden und Versicherungen kommunizieren darf.

Das alles können Sie auch mit einer Betreuungsverfügung regeln. Es gibt aber zwei Unterschiede zur Vorsorgevollmacht, die den von Ihnen genannten Betreuer oder die Betreuern von Rechts wegen stärker kontrollieren: Zum einen muss das Gericht Ihre gewünschte Betreuungsperson zuerst offiziell einsetzen, bevor sie in Ihrem Auftrag handeln darf. Zum anderen muss auch Ihr gewünschter Betreuer oder die Betreuerin dem Gericht bei vielen Aufgaben regelmäßig Bericht erstatten - vor allem bei Vermögensangelegenheiten.

Darum ist eine Patientenverfügung besonders sinnvoll

Was passiert, wenn jemand keine Patientenverfügung hat? Mit dem neuen Ehegattenvertretungsrecht werden zwar grundsätzliche Fragen der Gesundheit im Notfall durch bestimmte Personen abgedeckt, doch Ihre detaillierten Vorstellungen zur Behandlung und Pflege bei Krankheit können damit natürlich nicht geregelt werden. Deshalb ist auch eine Patientenverfügung wie die von DIPAT so wichtig. Denn damit können Sie genau festlegen, welche medizinischen Maßnahmen zur Lebenserhaltung, welche genauen Wünsche für eine medizinische Betreuung wie zum Beispiel Beatmung, künstliche Ernährung oder Schmerztherapie Sie haben – und was Sie ablehnen. Mit einer Patientenverfügung regeln Sie nicht nur, ob und wie Sie behandelt werden wollen. Sie bietet Ihnen auch einen Schutz vor Fremdbestimmung und gibt Ihrer Familie oder anderen Vertrauenspersonen eine wichtige Hilfestellung bei Entscheidungen in Ihrem Sinne. Selbst der beste Stellvertreter kann im Notfall überfordert sein und den tatsächlichen Patientenwillen nicht ersetzen. Deshalb schützt Sie im Ernstfall nur eine wirksame Patientenverfügung - wie sie DIPAT anbietet.

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Wie finde ich jemanden, dem ich im Notfall vertrauen kann?

Wer hat Ihr uneingeschränktes Vertrauen? Wer behält auch in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf und hat einen guten Einblick in Ihr Leben und Ihre Vermögensverhältnisse? Das muss nicht – aber kann natürlich – ein naher Verwandter sein, Partnerin oder Partner, das erwachsene Kind oder eine enge Bezugsperson. Manchmal fällt es gerade jemandem außerhalb Ihrer Familie leichter, kluge und abgewogene Entscheidungen zu fällen: bei medizinischer Behandlung, der Wahl Ihres Aufenthaltsortes oder bei Bank- und Geldgeschäften. Wichtig: Informieren Sie sich gut und ausführlich bei Fachleuten, die Ihnen in Sachen Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung oder Patientenverfügung helfen können, in Ratgeber-Broschüren oder -Büchern oder auch in persönlichen Gesprächen mit Sachkundigen von der Verbraucherberatung oder gar aus der Fachanwaltschaft für Familienrecht.

Gilt bei vorhandener Patientenverfügung noch das Notvertretungsrecht für Ehegatten?

An sich können sowohl das Notvertretungsrecht als auch die Patientenverfügung im medizinischen Notfall regeln, wie im Sinne des Kranken bei Behandlungen und ärztlichen Eingriffen zu entscheiden ist. Der Gesetzgeber hat aber mit der Reform des Betreuungsrechtes durch das neue Ehegatten-Notvertretungsrecht den Fokus auf den Willen des Betroffenen gelegt. Das heißt: Liegt eine Patientenverfügung vor – die genau und detailliert die Wünsche und den Willen eines Menschen für den medizinischen Notfall definiert – so schließt das die automatische Notvertretung aus.

Rechtlicher Hinweis

Alle Informationen in diesem Beitrag dienen der allgemeinen Information. Sie stellen keine Rechtsberatung im Einzelfall dar, können und sollen diese auch nicht ersetzen. Die Inhalte des Beitrags wurden sorgfältig und nach bestem Gewissen erstellt. Gleichwohl kann für die Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit sämtlicher Details keine Gewähr übernommen werden.

Patienten­verfügung

Mit einer Patientenverfügung sagen sie einem Arzt, welche gesundheitlichen Einschränkungen Sie als Folge einer ärztlichen Behandlung akzeptieren würden und welche nicht.

Vorsorgevollmacht

Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie "persönliche Stellvertreter" für bestimmte Lebensbereiche bevollmächtigen, Entscheidungen für Sie zu treffen, wenn Sie es nicht (mehr) können.

Organspende

Die Organspende kann auf Wunsch nach dem unabhängig festgestellten Hirntod erfolgen. Sie wird in einer Patientenverfügung oder mit dem Organspendeausweis geregelt.

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